Und noch einmal! Ich rufe „Dill“, so schnell ich kann und wedele mit dem Gurkenkraut, während hinter mir bereits Bart in die Höhe schnellt um mit der rechten Hand einen buschigen Strauß Petersilie in die Luft zu recken. „Parsley!“ Etwas unvorbereitet bin ich mitten in den Dreh eines der berühmt-berüchtigten 15-Sekunden-Fischrezept-Filmchen von Bart van Olphen hineingeraten. Nach drei Anläufen sitzt der Take, und auch Kameramann-Cutter-Produzent Tim van Niftrik nickt zufrieden. Bart van Olphen ist Niederländer, liebt Fisch und bereist gemeinsam mit Tim die Welt auf der Suche nach den spannendsten Fisch-Geschichten und nachhaltigsten Fangmethoden. Den Fischereibetrieben, die er dabei findet, bietet er mit der Marke Fish-Tales eine Plattform. An diesem Sonntagmittag Anfang Dezember stellt Bart in der Sardinenbar in Berlin-Schöneberg sein neues Kochbuch vor, das sich mit 50 Rezepten ganz dem Dosenfisch widmet.
Wir müssen die Dose zelebrieren
Für mich gehört Fisch aus der Dose zu den wohl unterschätzten Lebensmittelprodukten. Und ich bin froh, dass schlaue Produzenten in den letzten Jahren das Image der Fischkonserve aufpoliert haben Ein paar Dosen Fisch im Haus zu haben beruhigt mich, denn ich weiß, dass ich in Heißhunger-Momenten mit ein paar Spaghetti oder etwas Brot ganz einfach eine Mahlzeit zubereiten kann, die satt und glücklich macht. Noch ein paar Frühlingszwiebelscheiben obendrauf: Fertig ist das Fastfood à la smámunir!
Bart, der freundliche Fischmann mit windzerzaustem Haar, strahlt die Gelassenheit eines Instagram– und Youtube-Stars aus, als er vor sardinophilen Berliner Gästen über sein neues Werk spricht. Und wo sonst sollte man so ein ungewöhnliches Buch präsentieren, als an einem Ort, an dem der gute Fisch aus der Dose im Rampenlicht steht. Die Sardinenbar wurde erst vor wenigen Wochen von Thomas Vetter in der Grunewaldstraße eröffnet, der seine Liebe zur Fischkonserve aus Portugal mitgebracht hat. Das Prinzip des Feinkost-Bistros ist einfach: Der Gast sucht sich aus fast 70 Exemplaren eine Dose aus, dazu wird frisches Brot und ein Salat gereicht. Darüber hinaus gibt es verschiedene Käse und Schinken, eine feine Weinkarte (mit Bastardo!) und Biere von zwei kleinen Berliner Brauereien (Schneeeule, Bierfabrik), die ebenfalls gut zum Dosenfisch passen.
Eine Sardine kommt selten allein
Damit das auch so bleibt, setzt sich Bart mit seinem Team für die Förderung nachhaltiger Fischerei und Fangmethoden ein. Denn nur wenn viele Fischereien ihre Arbeitsmethoden umstellen, können sich Fischfreundinnen wie ich auch in ein paar Jahren noch über die portugiesische Sardine oder den Hering aus der Ostsee freuen. Werden die Fische nach dem Fang schnell verarbeitet – eigentlich die Voraussetzung für eine gute Dosenware – unterscheiden sich der Nährwerte kaum von dem von Frischware. Ein weiterer Vorteil ist die Transparenz. Aufgrund ihres Etiketts bieten Fischkonserven dem Käufer die Möglichkeit sich über verarbeitete Fische, Fangtechniken, Vertriebswege und Gütesiegel zu informieren und so eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Es müssen ja nicht gleich die Jahrgangssardinen sein, auch wenn diese sich ganz wunderbar als kleines Geschenk eigenen, für sich selbst oder andere liebe Menschen. Nun aber zum eigentlichen Star der Show: Barts Kochbuch für Dosenfisch.
Nach den einleitenden Kapiteln mit Informationen zur Entstehung der Konservendose und Bewahrung dieser Tradition, bietet „Frisch aus der Dose“ Rezepte für Tunfisch, Sardellen, Miesmuscheln, Lachs, Makrele, Sardinen, Krustentiere, Schellfisch & Kabeljau, Herzmuscheln und Hering. Zu jedem Rezeptbereich gibt es eine kleine Einleitung und immer wieder sind kleine Gesichten in die Kapitel eingebunden. Der Leser erfährt zum Beispiel, auf welche Kriterien er beim Kauf von bestimmten Fischarten achten sollte, dass Sardinen bereits seit fast 200 Jahren in Konserven verpackt werden und was es mit dem Spruch „Tu é eu, nós dois“ auf sich hat. Die Rezepte sind gut strukturiert, jeweils mit einem schönen Foto versehen und einfach nachzukochen. Die meisten Zutaten sind in jedem gut sortierten Supermarkt zu finden. Neben den abwechslungsreichen Rezepten werden auch mehrere Fischer und ein Konservenfabrikant vorgestellt. Denn „…wer die Geschichten hinter einem Produkt kennt, der wird auch das Produkt lieben,“ ist sich Bart van Olphen sicher.
Von der Qualität der Fischkonserven und Rezepte konnten wir uns bei der Buchpräsentation überzeugen. Thomas und Bart hatten ein üppiges Büffet mit kleinen Gerichten sowohl aus dem Kochbuch als auch aus der Sardinenbar-Karte vorbereitet, von dem am Ende der Veranstaltung nur ein paar Krümmel übrig blieben. Das ist wohl der beste Liebesbeweis und das Buch damit meine Last-Minute Weihnachtsgeschenk-Empfehlung für alle Fischfreundinnen und Fischfreunde!
Frisch aus der Dose, Bart van Olphen
50 Rezepte, 160 Seiten, 15 x 23 cm, Hardcover mit Metall-Effekt, ISBN: 978-3-86528-824-0