Geuze-Tasting: Ein Nachmittag mit Mono Blends.

Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Auch wenn sich unsere Wohnung (unter Stöhnen!) daran gewöhnt hat, das wir ganz schön viel zu Hause sind, fehlt es ihr doch an Abwechslung. Sie muss zwar unter anderem als Büro, Kino, Restaurant und Tanzfläche herhalten (Stöhn!) aber die Protagonisten sind halt immer nur wir (Doppelstöhn!). „Immer seid bloß ihr hier, nie bekommen wir Besuch,“ hat sie uns neulich wissen lassen und die Wohnungstür theatralisch ins Schloss geknallt. (Echt jetzt!;)) Ganz schön Dramaqueen, aber ich kann ihren Frust auch verstehen. Netten Besuch zu bekommen wäre echt noch einmal schön!

Bei unserem Geuze-Tasting vor ein paar Wochen Monaten, habe ich die Zweisamkeit trotzdem sehr genossen. Die Biere, die wir verkostet haben, schmeckten allesamt ganz hervorragend! Also war ich froh, dass ich sie nur mit Herrn D. teilen und nicht noch mehr davon an irgendwen abgeben musste.

Verkostet haben wir vier verschiedene Geuze Boon Mono Blends. Eine Geuze ist so etwas wie die Tochter des Lambics. Denn um eine Geuze (auch Oude Geuze) zu kreieren, muss man zuerst ein Lambic brauen. Für ein Lambic wird die Bierwürze mehrere Stunden gekocht und nach dem Kochen in offenen Becken „an die Luft“ gesetzt. Die in der Luft herumschwirrenden Bakterien und wilden Hefen bekommen so Zugang zur Würze, die spontan und ohne irgendwelche (Hefe-) Zugaben zu gären beginnt. Bei der Gärung wird der in der Würze enthaltene Zucker in Alkohol umgewandelt.

Wild ist es also das Lambic und so schmeckt es auch: Sauer, herb, erdig, ledrig, holzig, pfeffrig, brotig, trocken, manchmal mit Frucht- (z.B. Rhabarber, Citrus, Apfel, Grapefruit) oder Bauernhofaromen (feuchtes Pferd, Heu und Stroh), manchmal mit einer gewissen Schärfearomatik im Abgang. Da nirgendwo die gleichen Bakterien und Hefen die Luft bevölkern, schmeckt jedes Lambic anders und irgendwie einzigartig.

Traditionell reifen Lambics in Eichenholzfässern, den sogenannten Foedern. Für eine Geuze werden drei Sorten Lambic mit unterschiedlichen Reifegraden (1, 2 und 3 Jahre) vermischt („geblendet“) und in verkorkten Flaschen weitervergoren. Beim Mono Blend hingegen wird ein gereiftes Basisbier mit jungen Lambics verschnitten. Meistens im Verhältnis 90% zu 10%. Die Nummer auf dem Etikett bezieht sich auf den Foeder, in dem das Basisbier reifen konnte. Diese Foeder haben oft ein bewegtes Leben hinter sich. Manche sind schon sehr alt, waren bereits bei anderen Brauereien im Einsatz oder haben ihre Karriere als Rotwein, Calvados oder Cognac-Fass begonnen, bevor sie zum belgischen Biervehikel geworden sind. Deshalb prägt der jeweilige Fasscharackter auch den Geschmack dieser Blends.

Wir fanden die Verkostung sehr aufregend, da die Mono Blends wirklich etwas Besonderes sind. Interessanterweise konnten wir uns sogar auf einen Favoriten einigen: Der Blend VAT 91 hat an dem Nachmittag den Flaschenhals knapp vorne gehabt. (Aber, ach… wir liebten sie alle!)

Welche Assoziationen Düfte oder Geschmäcke hervorrufen, ist nämlich etwas sehr persönliches und hängt stark vom sensorischen Gedächtnis der verkostenden Person ab. Deswegen gibt es auch nicht wirklich ein richtig oder falsch beim Beschreiben von Bieren. Wichtig ist vor allem erst einmal die Neugier, etwas erkunden und beschreiben zu wollen. Wie sieht das Getränk im Glas aus? Wonach duftet es? Welche Farbe, Aussehen, Duft, Geschmack, Textur und Nachklang. Saubere Gläser, ausreichend Wasser und Snacks vervollständigen das Erlebnis. 😉

Ich freue mich schon sehr darauf, meine bierigen Erkundungen bald wieder mit anderen Menschen teilen und diskutieren zu können. Und wenn der Frühling da ist, bekommen wir bestimmt-vielleicht auch wieder mal Besuch oder können zumindest der Wohnung zwischendurch ihre wohlverdiente Ruhe gönnen.

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