Mit dem Stadtmenü zum Mond

Zum Mond nimmt man am besten den Bus. Ab Heinrich-Heine-Straße immer die Köpenicker entlang Richtung Schlesisches Tor. Ecke Manteuffelstraße raus, die Haltestelle ist direkt vor der Haustür.

In der alten Berliner Eckkneipe wird seit Frühjahr 2014 unter dem Namen Zum Mond eine engagierte regionale Küche angeboten. Die Kneipenatmosphäre wurde ein wenig aufpoliert: Dank der dunkelgrünen Wände, rustikalen Holzmöbeln und geschickt platzierten Lichtquellen fühlt man sich in ein Gemälde von Edward Hopper versetzt (siehe Nighthawks). Rechts vom Eingang kann man an der Bar im Schein einer historisch wirkenden Asbach-Uralt-Reklame einfach nur ein Bier trinken oder einen der feinen Geiste und Schnäpse probieren, die hier ebenfalls gerne ausgeschenkt werden.

Wir sind zum Essen gekommen und ein wenig aufgeregt. Vorab dürfen wir schon einmal das Stadtmenü des Restaurants testen, das seit gestern dort für alle zu haben ist. Zum Mond ist eines von über 60 Restaurants, das im Rahmen der gestern gestarteten Berlin Food Week noch bis zum 21. Oktober 2017 unter dem Motto „PilzParade“ ein besonderes Menü anbietet.

Wir sind früh dran und dürfen uns einen Zweiertisch in der Mitte des Gastraums aussuchen. Während ich Barbereich und Tür im Blick habe, kann Herr D. geradewegs durch ein Fensterchen das geschäftige Treiben in der Küche beobachten.

Wir überbrücken die kurze Wartezeit mit dem leckeren Sekt von Pfannebecker der uns als Aperitif gereicht wird. Zwei Rotweine des Weinguts aus Rheinhessen werden uns noch im Laufe des Menüs begegnen. Denn das beschwipste Foodblog testet natürlich auch die zum Stadtmenü angebotene Weinbegleitung. Ehrensache!

Kulinarisch beginnt der Abend mit einem Amuse Gueule. Als Gruß aus der Küche gibt es eine luftige Mayonnaise-Creme, auf der elegant etwas Feldsalat, eingelegte rote Zwiebeln und gezupfte Stücke von der Räucherforelle thronen. Eine schöne Überraschung sind die knackigen Pistazien. Merci, hier sind wir richtig!

Mit dem ersten Gang des Stadtmenüs legt Chefkoch Björn einen hervorragenden Auftakt hin. Der gebürtige Schwede kocht mit viel Liebe zum Detail und ein bisschen Nostalgie. Serviert wird ein wunderschön angerichteter Teller in den Farben des Herbstes und einer spannenden Vielfalt an Aromen und Texturen. Neben eingelegten Brandenburger Pfifferlingen gibt es karamellisierten Chicoree, den wunderbaren Tresterkäse vom Rheingau Affineur (wurde im Gewölbekeller gereift und in Spätburgundertrester eingelegt), Blätter vom Friséesalat, Radicchio und Würfelchen vom Pumpernickel. Der Mosel Riesling namens Heartbreak von Frank Brohl verbindet gekonnt die verschiedenen Geschmäcker.

Das Herzstück des zweiten Gangs ist ein immer wieder gern gesehener Gast im Restaurant Zum Mond. Inmitten des samtigen Steinpilzsüppchen liegt eine rundum knusprig gebratene Scheibe Blutwurst von der legendären Neuköllner Blutwurstmanufaktur. Die Suppe wurde mit Cognac abgeschmeckt und mit ein paar zarten Majoranblättern dekoriert. Treffen sich Steinpilzsuppe, Blutwurst und Majoran im Mund, ergibt das sehr viel Sinn! Im Suppenglück löffeln wir die Teller leer. Dazu einen rheinhessischen Spätburgunder mit Aromen von Kirschen, Beeren und Marzipan als perfekten Begleiter.

Im Restaurant gibt es mittlerweile fast keine freien Stühle mehr. Die Stimmung ist entspannt und ausgelassen. Dank der angenehmen Raumakustik kann man sich dennoch gut unterhalten. Wir überlegen, wie sich hier früher wohl die berühmten Kreuzberger Nächte angefühlt haben und freuen uns auf den nächsten Gang.

Das erste Wild des Herbstes ist immer etwas Besonderes, und die Küche vom Zum Mond weiß mit diesem kostbaren Fleisch sehr gut umzugehen. Als Hauptgang gibt es eine Variation vom Brandenburger Hirschkalb mit Kartoffelkuchen, Zweierlei von Altmärker Pilzen, Ingwer und Möhren. Der Hirschrücken ist auf den Punkt gebraten, das Fleisch von der Hüfte lässt sich mit der Gabel zerteilen und zergeht auf der Zunge. Die reduzierte kräftige Sauce ist ein Gedicht. Ebenso die herbstliche Gemüsebegleitung deren Protagonisten mit genau dem richtigen Biss daher kommen. Das dazu gereichte Cuveé aus Cabernet Sauvignon und Merlot gefällt uns sehr gut mit seiner Würzigkeit, den sanft-herben Tanninen und Noten von reifen Süßkirschen.

Bevor es weitergeht, müssen wir uns ein wenig recken und heimlich die Jeans wieder in Position ziehen. Über Portionsgrößen wird hier gewiss niemand meckern müssen. Damit auch ja kein Gast hungrig das Restaurant verlässt, hat sich das Küchenteam ein gewichtiges Dessert einfallen lassen.

Serviert wird ein lauwarmes Berliner Krapfengebäck mit Holunderbeeren, Kardamonparfait und Schafsfrischkäse. Krapfen gehörten bisher nicht zu unseren Lieblingsspeisen (oft zu mächtig und fettig) aber in der Kombination darf man uns gerne bald wieder einen servieren! Der Krapfen ist außen knusprig, innen zart und luftig. Die Holunderbeeren besänftigen die Süße des Gebäcks, während das Kardamonparfait und der Schafsfrischkäse eine rassige Säure an den Gaumen bringen.

Dem begleitenden Wein sind wir schon nach dem ersten Schluck hoffnungslos erlegen. Nicht umsonst trägt er den liebevollen Spitznamen flüssiges Gold und sieht mit ebendieser Farbe im Glas sehr schön aus. Durch die Spontangärung (Gärung mit natürlichen, wilden Hefen) hat der Alte Rebe 2006 Dessertwein von Frank Brohl eine ausgesprochen komplexe Aromatik mit viel Steinfrucht, Grapefruit und Frische.

Einen Kaffee später treten wir glücklich-beseelt auf die Köpenicker Straße. Den Bus haben wir gerade verpasst (schlecht geplante Abreise) aber nicht schlimm, wir spazieren noch ein bisschen durch die Nacht.

Wer noch einen Platz für das Stadtmenü im Zum Mond ergattern kann, hat Glück. Aber auch sonst ist das kleine Restaurant immer eine Reise wert. Die Speisekarte wechselt regelmäßig, auf der Weinkarte finden sich ein paar ausgefallene Tropfen des Typs Geheimtipp, der Service ist stets aufmerksam und gut informiert.

Im Zum Mond hat man übrigens ein musikalisches Herz, was nicht zuletzt an den Mitbetreibern Daniel (Meteo) Peters und Sascha Ring (Apparat) liegt. Auch wenn beide hier nicht jeden Abend hinter dem Tresen stehen, gibt es viele Gäste aus der Musibranche. Einer davon hat dem Restaurant sogar einen Track gewidmet.

Zum Mond, Köpenicker Str. 159, 10997 Berlin, 030 21807269, https://zummond.berlin/

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